Jochen Neerpasch ist ohne jeden Zweifel, eine der großen Persönlichkeiten des deutschen Motorsports. Er hat über viele viele Jahre auf höchstem Niveau, Entscheidungen getroffen oder war maßgeblich an Entscheidungen, mit Auswirkung auf die Geschichte des internationalen Motorsports, beteiligt.
Trotz seiner vielen Erfolge, ist Jochen Neerpasch bis heute ein unglaublich bescheidener und sehr angenehmer Mensch.
Der heute 86-Jährige blickt auf eine mehr als 60-jährige Karriere zurück und erzählt aus einem wahnsinnig reichhaltigen Fundus an persönlichen Erfahrungen. Viel Vergnügen bei der Lektüre!

DSM: Herr Neerpasch, zunächst herzlichen Dank dafür, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wir haben im Vorfeld intensiv überlegt, welche Fragen wir Ihnen stellen könnten. Am Ende hielten wir es für keine so schlechte Idee, Sie einfach einmal frei erzählen zu lassen …
JN: Ich war schon als Kind ziemlich ehrgeizig. Und ich habe da mal so einen Artikel von meinen Eltern gelesen, da ist der kleine Jockeli auf dem Tretroller schon ums Häuserkarree gefahren. Also irgendwo steckt das in mir, dass da so ein gewisser Ehrgeiz da ist. Das ist die eine Seite.
Das andere ist, ich bin halt in einer Automobilfamilie groß geworden.
Mein Vater war Borgward-, Goliath- und Lloyd-Händler und ich hab damals schon als kleiner Junge abends die Autos vom Hof in die Garage reingefahren und bin auch als 12-jähriger in den Ferien mit nach Bremen gefahren und hab Autos überführt, ohne Führerschein, von Bremen nach Krefeld. Also, das steckt irgendwo in mir drin.
Ich wollte immer Rennfahrer werden. Das Schwierige war nur, dass ich der Mittlere von drei Söhnen war. Der ältere Bruder hat, als er 18 wurde, Rallyes gefahren und hat einen Unfall gehabt und von dem Moment an, war der Motorsport in der Familie Neerpasch tabu. Kein Motorsport und ich durfte keine Lizenz lösen. Ich musste warten, bis ich 21 Jahre alt war – damals war man erst mit 21 Jahren Volljährig. Und dann fing ich an.
Der zweite Punkt ist die berufliche Seite. Ich hab die Mittlere Reife, habe also kein Abitur und habe dann eine Lehre als Maschinenschlosser gemacht. Deshalb bin eher mit der praktischen Seite verbunden.
Als ich die Gesellenprüfung hatte, bin ich in den Betrieb meines Vaters gegangen. Ich sollte dort eigentlich die technische Seite übernehmen, neben meinem Bruder, der die kaufmännische Seite übernehmen sollte.
Nach ein paar Monaten im Betrieb wurde mir das aber zu langweilig. Da habe ich mich ins Auto gesetzt, ich hatte damals einen Lloyd 300, 2-Takter, ich glaube 34 PS, bin nach Stuttgart-Zuffenhausen gefahren und habe beim Pförtner angefragt. Ich wollte in die Rennabteilung als Mechaniker. Dem kam das etwas komisch vor, aber immerhin hatte ich einen Kontakt zur Personalabteilung und die hatten eine Stelle frei im Diesel-Versuch. Porsche hat ja damals Traktoren gebaut und die haben mich sofort angenommen, denn der Diesel-Versuch war in der Nähe der Rennabteilung und ich glaube nach einem Monat war ich dann auch in der Rennabteilung und hab dort Carrera-Motoren überholt.
Also der Rennsport war immer mein Antrieb, aber ich bin von der technischen Seite gekommen. Für mich war es ganz wichtig, auch dieses Materialempfinden zu haben und das war eigentlich, und jetzt greif ich ein bisschen vor, das was mich als Rennfahrer ausgezeichnet hat. Ich hatte das Gefühl für die Technik, was damals wichtig war, denn damals hielt ein Auto nicht eine Renndistanz, wie heute. Man musste sehr vorsichtig mit den Autos umgehen. Das war eigentlich die Grundlage, weshalb ich Erfolg hatte. Also soweit zu Porsche.
Ich habe dann in Stuttgart gelebt, hatte eine (Borgward) Isabella, mit der ich zur Arbeit gefahren bin und die hab ich dann, nach der Arbeit, bei einem Borgward-Händler in Stuttgart frisiert und bin damit Rennen gefahren. Und ohne Wissen meiner Eltern, deutsche Rundstreckenmeisterschaft, es gab ja damals furchtbar viele Klassen und dann kam zum Jahreswechsel –
DSM: … und mit dem Auto auch selber zur Strecke gefahren wahrscheinlich? –
JN: Ja klar.
DSM: … das ging ja damals noch –
JN: Nummernschilder abgemacht, Stoßstangen abgemacht und dann Rennen gefahren und wieder zurück.
Dann kam zum Jahreswechsel ein Glückwunsch-Telegramm von Herrn Borgward persönlich auf den Schreibtisch meines Vaters. Er gratulierte zu den sportlichen Erfolgen. Und vor allem, Donnerwetter, die wollten mir das Auto abnehmen, aber letztendlich hat’s sie dann doch gefreut –
DSM: Wie alt waren Sie da? –
JN: 39 geboren, das war, ja 21, vorher ging’s ja nicht. Dann hat man das dann doch respektiert und dann bin ich, nächste Stufe, zu Volvo hochgegangen in meiner Ausbildung, als Praktikant. Volvo Frankfurt, das war der Importeur. Da habe ich eine Stelle gehabt als Volontär. Bin durch die ganzen Abteilungen gegangen und hab mein eigenes Auto für die Rennen vorbereitet. Bin da mit Volvo Deutsche Tourenwagenmeisterschaft, oder Deutsche Rennsportmeisterschaft hieß sie damals noch, und für Volvo Schweden, Europameisterschaft gefahren. Also, ich war Mechaniker und Rennfahrer, alles in einer Person.
Das hab ich, ich weiß nicht genau wie lange gemacht, dann bin ich zurück nach Krefeld und habe meine Meisterprüfung abgelegt und auch im Betrieb meines Vaters gearbeitet. Gleichzeitig habe ich die Jochen Neerpasch Racing GmbH gegründet.
Das war damals Freiherr von Wendt, er hat die Autos beigesteuert. Wir hatten einen Lotus 35, einen Lotus Racing Elan und einen Shelby Mustang. Dann sind wir halt Rennen gefahren und mit der Neerpasch Racing GmbH haben wir Motoren frisiert für die Ford Rallye Abteilung. Damals unter Leitung von Herrn Brezing in Köln. Die haben Rallyes gefahren mit dem 12M, da bin ich übrigens auch mit Joachim Springer mal die Rallye Monte Carlo gefahren, mit dem 12M. Da sind wir 64. geworden. Jedenfalls hatte ich eine Beziehung zu Ford Köln.
Teilweise bin ich auch mal mit einem 17M Rallyes gefahren, mit dem Herrn Brezing zusammen, Tour Belgique, die wir glaube ich, sogar gewonnen haben. Und dann, das war 1964, hat Carroll Shelby in Daytona und Sebring gewonnen gegen die Ferrari. Das war die Zeit, wo Ford gegen Ferrari kämpfte, und dann hat man bei Ford sehr schnell aber sehr unkoordiniert entschieden, dass Shelby die gesamte Meisterschaft fährt und nach Europa kommt.
Das erste Rennen war die Targa Florio und die ganzen Ford Locations in Europa, Ford Frankreich, Ford England, Ford Deutschland, Ford Belgien, die haben alle ihre Fahrer dahin geschickt, weil sie alle mitfahren wollten. Und ich wurde zusammen mit Joachim Springer nach Sizilien geschickt. Ich war damals Tourenwagenfahrer, hatte noch nie im GT-Auto gesessen und wir sind zusammen im 12M nach Sizilien gefahren.
In Palermo gab’s ein Jolly Hotel. Das ganze Hotel war Ford. Wir kamen da an und stellten fest, dass es für die drei Cobras die eingeschrieben waren, ich glaube 27 Fahrer gab. Mit Phil Hill, Dan Gurney und so, also überhaupt keine Chance, aber wir waren nun einmal da.
Da hab ich die ganze Zeit im 12M die Targa Florio Strecke gefahren, ich hatte nichts zu tun. Das hat mich auch sehr fasziniert diese Rennstrecke, von morgens bis abends bin ich gefahren und am Freitagabend kam Huschke von Hanstein auf Joachim Springer zu. Huschke von Hanstein fuhr damals ab und zu auch selber Rennen. Er wollte eigentlich mit dem Dreikantschaber, das war das ältere Auto, das war das Jahr, als die 904 zum ersten mal eingesetzt wurden, fahren. Er (von Hanstein) wollte selber fahren, hatte aber keine Zeit und hat Joachim Springer angeboten, ob er das Auto nicht fahren würde.
Das Auto war mit Günter Klass besetzt und Joachim Springer hat das Angebot bekommen und hat Huschke gesagt, Jochen Neerpasch, der ist besser als ich. Das fand ich großartig von Joachim Springer. Das muss man sich mal vorstellen, er hätte selber fahren können.
Ja, und ich hatte noch nie so ein Auto gefahren, war aber gut auf die Strecke vorbereitet. Und das ist bei der Targa Florio so, da gibt’s nur Samstagmorgens ein Training. Da kann jeder maximal eine Runde fahren. Und ich war in der Runde schneller als Bobby Klass, weil ich die Strecke kannte. Die Strecke ist 70 km lang. Dann, ich glaube ich bin den ersten Part gefahren, Bobby Klass den zweiten. Im letzten Part war ich wieder drin, da waren wir, ich glaub nach der achten Runde, Zweiter im Gesamtklassement. Die anderen 4 Werks Porsche hatten alle technische Probleme. Dann habe ich oben in den Bergen, links hinten einen Kilometerstein erwischt, weil die Bremse durchfiel. Hinten links ist eine Bremsleitung gerissen. Derselbe Schaden war schon in Sebring am selben Auto mal vorgekommen, also das war bekannt.
Dann bin ich den Rest, das waren immerhin 30 Kilometer, ohne jede Bremse, Handbremse gab es ja nicht, an die Box gefahren. Wir haben die Bremsleitung kurzgeschaltet und sind dann noch Siebte geworden. Einen Platz vor der schnellsten Cobra. Da kam Carroll Shelby auf mich zu und sagte, der Junge kann fahren und dann war ich drin. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Dann ging die Sache weiter mit Nürburgring, Le Mans und so, das ist ja bekannt. Das war reiner Zufall, dass Ford mich dahin geschickt hatte und ich den Sprung vom Tourenwagen in die GT Autos schaffte, einfach weil ich besser vorbereitet war auf die Rennstrecke. Und das ist glaube ich das, weshalb ich auch erfolgreich war. Wenn man etwas anfasst, muss man es auch richtig machen. Das war wahrscheinlich meine Stärke. Und was das Rennfahren betrifft, ich war eigentlich nie so ein richtiger Profirennfahrer. Für mich war immer nur wichtig, in den Grenzbereich zu kommen und den Rhythmus zu finden. Ich habe mich nie um Rundenzeiten gekümmert, das war mir eigentlich egal. Ich wusste, wenn alles stimmt, bin ich schnell.
Deshalb also, die heutigen Rennfahrer, die haben ja jede Kurve auf dem Monitor, die sehen wo sie sind. Die haben ja ein völlig anderes Herangehen. Meine Stärke war eben, dass ich technisch, was heißt versiert, aber ein Gefühl hatte und mit der Technik umgehen konnte.
DSM: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wo Sie das jetzt so gerade sagen. Die neuen Rennfahrer, die modernen Rennfahrer, haben alle ihre Streckenpläne auf dem Lenkrad, sehen wirklich jede Information. Mir geht das heute schon so im normalen privaten PKW. Da sind ja tausend kleine Helferlein drin, die einem tausend Informationen bieten usw. …
JN: … von denen Sie nur drei oder vier benutzen …
DSM: Ja, ich empfinde das manchmal so, das stört meinen Rhythmus. Das stört meine Konzentration auf das Eigentliche, weil man immer wieder beschäftigt ist, irgendwo etwas zu gucken.
JN: Ja, diese Spurwechselassistenten, die man ausschaltet. Ich meine, die heutige Generation ist anders gepolt, die können gar nicht mehr anders. Das geht so schnell weiter. Ich erlebe das ja gerade mit unseren Junioren. Was die alles können. Das ist im Grunde, wie die auch fokussiert sind. Das ist eine völlig andere Herangehensweise. Das geht heute nicht mehr mit Gefühl, heute ist alles messbar.
DSM: Ja genau, richtig. Genau, bis ins letzte Detail. Ich denke, das hat auch viel damit zu tun, wie Rennen heute laufen, weil eben alles wirklich, heute wird im Prinzip alles seziert bis auf das kleinste Detail …
JN: … und reguliert …
DSM: Ja, das kommt noch dazu.
JN: Es gibt kaum Freiheiten, dem muss man sich unterordnen. Damit muss man fertig werden, es ist eine andere Art zu leben. Aber ich würde nicht sagen, dass die schlechter ist. Das ist einfach anders, das ist eine Entwicklung. Die ist immer schon da gewesen, die muss man akzeptieren. Man kann nicht einfach sagen, früher war alles besser.
DSM: Das ist ja wieder so dieses verschobene Bild, dass uns unsere eigene Psyche suggeriert, dass früher alles besser war. Es war sicherlich manches besser, aber auf der anderen Seite denke ich …
JN: … es war intensiver, ja, für uns, aber vielleicht ist es für die neue Generation …
DSM: … Ja, es ist definitiv anders, auf jeden Fall. Das Thema „andere Herangehensweise“ ist sicherlich auch heute aktuell im Motorsport ein Thema. Jetzt gerade zuletzt in Spa (24 Hours 2024). Ich fand das fürchterlich störend, wie dieses Rennen im Prinzip durch permanente Full Course Yellow / Safety Car Phasen zerhackt wurde. Die fahren zwei Runden, dann liegt einer im Kies. Dann ist erstmal in dem Abschnitt Gelb, dann kommt FCY, dann kommt SC, dann die Prozedur nach links, die überholen dürfen, fahren vorbei. Zum Schluß ist eine halbe Stunde Rennen locker weg, wo die Zuschauer nix sehen, außer einer Prozession hinter dem Safety Car, beziehungsweise mit verringerter Geschwindigkeit und Überholverbot bei FCY. Wir haben im gesamten Rennen glaube ich 17 SC-Phasen und 22 FCY gehabt. Ich finde das ist unerträglich und ich weiß nicht, ob das unbedingt zwingend so sein müsste?!
Und die Frage, die weiter dahinter steht, ist auch und das habe ich vor einiger Zeit, vor 10 Jahren, schon einmal mit Stéphane Ratel diskutiert. Da war 2014 ein relativ übles 24h-Rennen, wo es ziemlich heftige Unfälle gegeben hat, (Marcus) Mahy hatte diesen schweren Unfall, von dem er sich lange lange Zeit erholen musste. Ich habe komischerweise bei diesem Rennen das Gefühl gehabt, an diesem Wochenende passiert etwas ganz schlimmes. Man hat manchmal so ein Gefühl und Gott sei Dank ist das ausgeblieben, aber … Die Frage an Ratel war damals, ob das nicht auch ein bisschen was mit Mindset des Fahrers zu tun hat. Weil, in Ihrer Zeit, wenn Sie mit einem Konkurrenten so in den Infight gegangen sind, dass es wirklich hart wurde und sie sich so in die Kisten gefahren wären, dann hatte jeder 50 % Chance, eventuell dabei selber schwer verletzt, wenn nicht getötet zu werden. Und ich denke, das hat die Hemmschwelle und auch die Respektschwelle an einen ganz anderen Punkt gestellt, als es heute ist. Die Strecken sind heute viel sicherer geworden, die Fahrzeuge sind viel sicherer geworden. Da versucht man vielleicht manchmal einfach mal durch einen Konkurrenten durchzufahren …
JN: Aber auf der anderen Seite wird die Sicherheit heute so groß geschrieben, das kann man nicht mehr zurückdrehen. Klar, man geht viel mehr Risiko ein, passiert ja nichts. Wir hatten ja damals ein sehr intensives Verhältnis zum Jenseits. Man wusste damals z.B. mit dem Porsche 910 geht die Fuchsröhre voll, man wusste auch den kleinsten Fehler überlebt man nicht. Das war drin im Kopf und so hat man auch gehandelt.
Heute weiß man, man fliegt raus, nimmt das nächste Auto und fährt weiter und das ist eine völlig andere Einstellung.
DSM: In der damaligen Zeit, wenn man den Willen hatte, etwas zu erreichen.
JN: „Never give up“ – immer dran bleiben. Das ist auch das, was ich versuche den Junioren mitzugeben. Das ist faszinierend, wir haben drei 18-jährige ausgesucht. Es gibt ja eine Datenbank, wo sämtliche Erfolge der Rennfahrer weltweit gelistet sind. Da haben wir international gesucht: Erstens Fahrer die 18 sind und dann versucht Fahrer zu finden, die möglichst vom Kart in allen Instanzen aufsteigende Tendenzen hatten. Die mussten nicht immer die Besten sein, aber es durfte keinen Einknick geben. Dann haben wir die drei ausgesucht, da haben wir vielleicht auch Glück gehabt. Die kannten sich gar nicht.
DSM: Ganz ehrlich, als die drei vorgestellt wurden, dachte ich „Neil wer?, Dan wer?, Max wer?“
Wenn man die alte Geschichte kennt mit Marc Surer, Eddie Cheever, Manfred Winkelhock, dann war ich erstaunt.
JN: Die hatten die Voraussetzungen und dann ging’s los. Wir haben sie erst mal 3 Wochen in die Formula Medicine (Fitnessakademie in Italien) gebracht, damit sie sich kennenlernten. Sie haben im gleichen Apartment gewohnt und haben den gesamten Tag in der Formula Medicine verbracht, sowohl physisch als auch mental. Sie haben sich schon zusammengeschweißt.
Sie sind zum Nürburgring gekommen, haben auch da im gleichen Apartment gewohnt. Für sie war 24h Nürburgring. Andere gehen abends nach Hause, sie waren abends zusammen und haben gelernt.
Wenn man sieht, wie die sich in den fünf Jahren entwickelt haben, auch vom Charakter her, dann haben die drei sich in fünf Jahren auch als Mensch so entwickelt wie andere in zehn Jahren, weil sie eine Aufgabe hatten.
Für mich sind nicht nur Listen wichtig, sondern ich muss das auch erleben. Ich habe die ganze Nacht in der Box mitgemacht und habe Runde um Runde gesehen, dass die beiden (Hesse, Harper – Spa 24 Hours 2024) in jedem Sektor die schnellsten BMW Fahrer waren.

Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Als ich aufhörte Rennen zu fahren, 1968, hatte ich zwei blöde Unfälle. In Daytona bei einem 24h-Test in der Steilkurve hatte ich einen schweren Unfall und habe mir den 7. Halswirbel gebrochen. Man hat mich eingegipst und zwei Wochen vor dem Rennen den Gips abgenommen und das Rennen haben wir gewonnen (mit Rolf Stommelen).
Nach diesem Unfall bin ich zum Hausarzt und habe gefragt, was ich denn tun kann, damit ich wieder fit werde? Antwort: „Wieso, beim Motorsport macht doch das Auto die Arbeit.“ Das erste was ich bei Ford gemacht habe, als ich den Motorsport übernommen hatte, war Fitnesstraining für die Fahrer. Das gab es damals nicht, das war auch die eigene Negativerfahrung, das wollte ich weitergeben und das haben wir dann auch mit den BMW- und Mercedes-Junioren, mit Schumacher, Frentzen und Wendlinger gemacht.
DSM: Das hatte auch einen großen Anteil an Schumachers Erfolgen, dass er gegen Rennende nicht so erschöpft war, wie die Konkurrenten.
JN: Ich kann mich noch gut an den ersten Test mit dem Sauber C8 in Estoril erinnern. Frentzen war der Schnellste, dann kam Schumacher und dann Wendlinger, die beiden auf dem gleichen Niveau. Der Frentzen hatte das Talent, aber der hat sich nicht da reingekniet.
Der Frentzen hatte das Talent, aber er hat sich da nicht reingekniet.
Jochen Neerpasch
Und ähnlich ist es jetzt mit den Junioren auch. Den größten Fortschritt hat Max gemacht. Der war anfangs der langsamste, aber der ist der organisierteste. Der leitet das Team – auch in der Wohngemeinschaft. Der hat alles unter Kontrolle.
Dan Harper ist der Ronnie Peterson, der fährt immer schnell. Vor allem wenn die Verhältnisse schlecht sind. Und die beiden brauchen sich. Der Max braucht den Dan und der Dan braucht den Max. Ohne den Max ist Dan nur halb so gut. Leider haben wir den Neil nicht mehr drin, weil der in Amerika fährt.
Ich hoffe immer noch, dass wir die nach Le Mans kriegen. Aber bei BMW traut man unseren Junioren den Wechsel in die LMDh noch nicht zu. Ich hätte die schon lange da rein gesetzt, aber da komme ich noch nicht durch.